Rheinland-Pfalz

Bauern legen nach wochenlangen Protesten eine Pause ein: „Jetzt ist die Zeit der Verhandlungen“

Von dpa/lrs
Bauernproteste - Mainz
Über Wochen protestierten die Bauern mit Kundgebungen – wie hier in Mainz-, Sternfahrten und Mahnfeuern gegen Einsparpläne der Bundesregierung für die Branche. Im Land hat sich die Diskussion inzwischen versachlicht. Foto: Andreas Arnold/dpa

Im Streit um die Agrarpolitik der Bundes- und Landesregierung plant der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd in den nächsten Wochen keine umfangreichen Protestaktionen mit Kundgebungen und Traktoren-Konvois. „Jetzt ist die Zeit der Verhandlungen“, sagte der Sprecher des Verbandes in Mainz. Sollten die Zusagen aus der Politik aber nicht eingehalten werden, würden die Landwirte auch wieder auf die Straße gehen.

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Ähnlich sehen es der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau mit Sitz in Koblenz und der Verein „Land schafft Verbindung“ (LSV).

Bei den Gesprächen mit der Landesregierung Anfang Februar sei vereinbart worden, dass die Bauernverbände konkrete Vorschläge für eine Entbürokratisierung etwa bei den Dokumentationspflichten hinsichtlich Tierhaltung und Düngung erarbeiten sollen. Diese Vorschläge würden gerade gesammelt und zusammengestellt, erklärte der Sprecher. Dabei gehe es vor allem darum, dass die Landwirte neben einer ausreichenden Unterstützung auch mehr Flexibilität sowie Selbstverantwortung und weniger feste, starre Vorgaben benötigen.

Weniger Fristen und Regeln gefordert

Gerade auch der Kontrollaufwand müsse für die Bauern verringert werden, es sollte weniger festgelegte Fristen und unbewegliche Regeln geben. Eine effektive Landwirtschaft könne nicht nur nach einem bindenden Kalender agieren. Wegen der veränderten klimatischen Veränderungen sei die Witterung für die Ernte mittlerweile viel entscheidender und nicht der Kalender, betonte der Verbandssprecher. Das erfordere aber deutlich mehr Flexibilität von den Bauern.

Verbandspräsident Eberhard Hartelt hatte jüngst mit seinem Amtskollegen vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau, Michael Horper, mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Agrarministerin Daniela Schmitt (FDP) darüber gesprochen, wie die Sorgen und Probleme der Landwirte angegangen werden können. Unter anderem war dabei angesprochen worden, dass die Meldepflicht für Wein- und Traubenmostbestände abgeschafft werden sollte.

Früher gab es solche Einladungen nicht.

Ein Sprecher des Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd wertet eine Gespräch mit der Landesregierung als Zeichen dafür, dass sich die Protestaktionen der vergangenen Wochen gelohnt haben.

Die Landwirte wollen aber auch, dass Themen wie Steuererleichterungen für nicht fossile Kraftstoffe und die Steuertarifgestaltung bei Gewinnrücklagen in den Blick genommen werden und dass sich die Regierungschefin bei den Beratungen im Bundesrat für die Bauern und Winzer in Rheinland-Pfalz einsetzt. Allein das Treffen mit der Landesregierung zeige, dass sich die Protestaktionen der vergangenen Wochen gelohnt haben, betonte der Verbandssprecher. „Früher gab es solche Einladungen nicht.“

Auch der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau und der LSV planen nach eigenen Angaben derzeit keine größeren Protestaktionen. Das könne aber in Zukunft wieder kommen, sagte ein LSV-Sprecher. Der Verein, der unter anderem eine große Kundgebung mit einem Traktorkonvoi Ende Januar anlässlich des Besuchs von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Mainz organisiert und kürzlich das Lidl-Zentrallager in Koblenz blockiert hatte, äußerte jedoch großes Unverständnis, dass der LSV nicht zu dem Gespräch mit der Landesregierung und den beiden Bauernverbänden eingeladen war. Das sei bei den Verantwortlichen auch deutlich hinterlegt worden.

Ein Startschuss für mehr Wertschätzung?

Die beiden Bauernverbände hatten sich nach dem Treffen mit der Landesregierung optimistisch geäußert, dass gemeinsam eine Verbesserung der Situation der Landwirte erreicht werden könne. Das Gespräch könne ein „neuer Startschuss für die Zukunft“ sein, in der die Wertschätzung für den Weinbau, die Landwirtschaft und den ländlichen Raum eine andere Qualität bekomme.

Mehrere Wochen lang waren die Landwirte bundesweit mit vielfältigen Protestaktionen auf die Straße gegangen. Tausende Bauern in Rheinland-Pfalz hatten sich daran beteiligt. Insbesondere während der bundesweit ausgerufenen Protestwoche der Landwirte war es Anfang Januar auch in Rheinland-Pfalz zu etlichen Protesten gekommen – in Erinnerung bleibt vor allem die groß angelegte Blockade von Autobahnauffahrten im ganzen Land. Tausende Traktoren waren in Bewegung, kilometerlange Kolonnen zogen sich durch Rheinland-Pfalz. Autobahnen waren gesperrt, Auffahrten ebenso blockiert wie Straßen – und in etlichen Städten kam es tagsüber zu Kundgebungen.

Nach Angaben des Innenministeriums fanden an diesem heißen Aktionsmontag rund 100 Protestaktionen mit etwa 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. Dabei kritisierten die Landwirte vor allem den Abbau von Subventionen beim Agrardiesel. Dass die Berliner Ampelkoalition einen Teil ihrer Kürzungspläne zurückgenommen hat, reicht dem Deutschen Bauernverband aber nicht aus.